Neues aus Sportdeutschland
Studie zeigt: Sportvereine sind die wichtigste Institution für gesellschaftlichen Zusammenhalt
Sportvereine leisten den mit Abstand wichtigsten Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland.
Das geht aus einer aktuellen, repräsentativen Studie hervor, die das Leibniz-Institut für Medienforschung sowie das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt und mindline media gemeinsam mit ARD, ZDF und Deutschlandradio im Frühjahr 2025 durchgeführt haben und deren Ergebnisse am gestrigen Mittwoch, 17. September, vorgestellt wurden. Für die Studie wurden 1.351 Personen ab 14 Jahren befragt.
In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher und politischer Polarisierung gaben 65 % der befragten Personen an, dass der Beitrag von Sportvereinen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt „sehr hoch“ oder „eher hoch“ sei. Damit liegt der Sport deutlich an erster Stelle aller genannten Bereiche, noch vor der Wissenschaft (58 %), dem Bundesverfassungsgericht (55 %) und den öffentlich-rechtlichen Medien (53 %).
Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, sieht in den Umfrageergebnissen eine Bestätigung der Arbeit der Vereine: „Der Sport mit seinen 86.000 Vereinen ist der größte Bereich in unserer Gesellschaft, der Menschen aus allen Schichten und Kulturen noch zusammenbringt. Sportvereine sind die wichtigste Institution für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Was sie Woche für Woche leisten, ist durch nichts zu ersetzen. Diese Studie ist ein deutliches Signal an alle Entscheider in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: Fördert den Sport, denn er gibt uns allen ein Vielfaches von dem zurück, was wir in ihn investieren.“
„Wir entwickeln eine Vision für die Sportstadt Frankfurt 2040“
Wie können wir Sportentwicklungsplanung so gestalten, dass sie nicht nur Bewegung und Infrastruktur fördert, sondern auch Demokratie, Teilhabe und gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt? Diesen Fragen widmet sich die Fachtagung „Sportentwicklungsplanung und Demokratieförderung“ am 29. und 30. September, zu der die Stadt Frankfurt am Main ins Haus am Dom einlädt. Die Tagung, die sich in erster Linie an Sportentwicklungsplaner*innen aus Kommunen und Vertreter*innen des organisierten Sports richtet, soll Impulse für die Praxis liefern, Beteiligung stärken und Netzwerken und Austausch ermöglichen. Anmeldungen sind noch bis zum 25. September hier möglich. Warum diese Veranstaltung auch für die Stadt Frankfurt eine besondere ist, erklärt Oberbürgermeister Mike Josef (42/SPD) im Interview.
DOSB: Herr Josef, welche Rolle spielt Sportentwicklungsplanung aktuell in Ihrer Kommune und warum ist sie für Sie ein wichtiges Instrument?
Mike Josef: Die Stadt Frankfurt hat im Jahr 2011 ihren ersten Sportentwicklungsplan veröffentlicht. Seitdem ist viel passiert. Inzwischen leben hier 100.000 Menschen mehr, auch die Anzahl der Mitglieder in den Vereinen ist in dem Zeitraum stark gestiegen. Waren im Jahr 2010 noch 150.000 Personen in Frankfurter Sportvereinen organisiert, hat sich diese Zahl mit Ende des Jahres 2024 auf 340.000 Mitgliedschaften mehr als verdoppelt! Die Anzahl der Vereine und damit auch der Sportstätten ist dagegen ziemlich konstant geblieben. Das zeigt schon die Chancen, aber auch die Herausforderungen, die in dem Thema Sportentwicklungsplanung stecken.
Wo spüren Sie die gestiegene Begeisterung für Sport besonders?
Immer mehr Menschen aus ganz unterschiedlichen Zielgruppen interessieren sich für Sport und Bewegung, was toll ist und was wir als Stadt Frankfurt sehr gerne unterstützen. Das betrifft neben Vereinsaktivitäten auch die Bewegung im Grünen, im öffentlichen Raum sowie im Rahmen von selbstorganisierten Angeboten. In dem Themenfeld hat sich in den vergangenen 15 Jahren im Zuge des ersten Sportentwicklungsplans schon sehr viel getan, auch durch die gute Zusammenarbeit mit dem Sportkreis sowie der Sportjugend Frankfurt, die als Mittler zwischen Stadtverwaltung und Vereinen eine wichtige Rolle spielen. Trotzdem gibt es aktuelle Themen, die wir aufgreifen müssen, wie zum Beispiel Qualität und Quantität von Sportstätten, Schule und Verein, Nachhaltigkeit, Vielfalt und die Frage nach dem Ehrenamt. Daher haben wir im Sommer einen Prozess zur Fortschreibung der Sportentwicklungsplanung für Frankfurt gestartet. Wir möchten gemeinsam mit den städtischen Partnern sowie dem organisierten Sport eine „Vision Sport in Frankfurt 2040“ entwickeln. Diese soll wegweisend sein, wie Sport und Bewegung zukünftig für Frankfurterinnen und Frankfurter aussehen können.
Inwiefern sehen Sie den Sport als Raum zur Förderung demokratischer Werte wie Mitbestimmung, Fairness und Vielfalt? Welche Rolle spielen Sportvereine und Ehrenamtliche bei der Stärkung von Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt?
Der Sport und die Vereine sind ein Spiegel der Gesellschaft und damit auch Orte von Demokratie und Vielfalt. Hier können im Kleinen wie im Großen Werte wie Fairness, Toleranz, Verantwortung und Teamgeist vermittelt und gelebt werden. Und das in einem Umfeld, in dem Menschen aus allen Ziel- und Altersgruppen aufeinandertreffen. Da kommt es mal zu Konflikten die gelöst werden müssen, und es braucht Engagierte, die sich kümmern, um beispielsweise Jugendparlamente oder andere Teilhabeprozesse im Verein zu lenken. Allen Ehrenamtlichen kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, die zukünftig auch immer wichtiger werden wird, denn sie sind das Rückgrat und der Motor der allermeisten Sportvereine. Allerdings ist es auch wichtig, klar zu sagen, dass selbst die beste Sportentwicklungsplanung und die engagiertesten Vereine nicht die Aufgabe haben, alle gesellschaftlichen Konflikte zu lösen. Das entspricht nicht dem Ziel und Selbstverständnis der Beteiligten. Sie nicht zu überfordern, sondern zu motivieren für ihren Einsatz, ist die große Herausforderung, die über die Zukunft des Vereinssports entscheiden könnte. Dass es dank großen Einsatzes funktionieren kann, sehen wir auch an den Frankfurter Vereinen, von denen sich viele engagieren für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. 2025 geht daher der Sportpreis der Stadt an Vereine, die in genau diesem Themenfeld besonders aktiv sind. Die Gewinner werden im November verkündet.
„Einfach anfangen: Warum Vereine vom Diversity Check profitieren“
Fatma Polat aus Mainz ist Rechtsanwältin, Netzwerkerin, Vorsitzende des Vereins Arc-En-Ciel, Mitglied im Diversity Beirat des DTB (Deutscher Turner Bund) – und eine*r von sieben Menschen, die den DOSB Diversity Check mitentwickelt haben. Wir sprechen über ihre Erfahrungen, ihre Haltung und ihre Motivation. Warum? Weil wir mehr über Vielfalt reden müssen – und über das Wie dahinter.
DOSB: Der Diversity-Check hat zu den vier Themenbereichen Sportangebote, Veranstaltungen, Rahmenbedingungen und dem Haupt- und Ehrenamt Fragen zur Vielfalt und Teilhabe. Die Fragen sind nur mit Ja und Nein zu beantworten. Vereine können sich mit dem Diversity-Check selbst prüfen und auch weiterentwickeln. Wie kam es zu diesem Format und warum ist dir das wichtig ist?
Fatma Polat: Die Erstellung eines Diversity Checks oder eines Tools, womit Vereine sich selber direkt reflektieren können, war mir immer schon ein Anliegen. Als der DOSB zum Workshop eingeladen hat, sah ich sofort die tolle Möglichkeit der Umsetzung. Ein Diversity Check, damit das Thema sichtbar platziert wird, darauf hatte ich große Lust. Die Arbeitsgruppe, die sich zur Entwicklung zusammengefunden hat, wollte es Vereinen so einfach wie möglich machen. Uns war und ist bewusst, man kann nicht alles mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. Die Antworten können aber auch bei einem “eher Nein” oder “trifft auf uns nicht zu” hilfreich sein. Ich träume sogar von einem Diversity-Zertifikat für Vereine. Der Diversity Check ist für mich der erste Schritt dahin. Es ist gut, dass dieser Prozess so angefangen hat und der Check jetzt da ist.
DOSB: Was war dein erster Eindruck, als du den Check online gesehen hast? Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?
Das war einfach ein schönes Gefühl, dass etwas abgeschlossen ist. Das war mein allererster Gedanke. „Hey, wow, wir haben etwas angefangen und es ist jetzt etwas entstanden und ich sehe es!“ Meine eingebrachten Ideen und Gedanken liegen nicht nur in einer Akte in irgendeiner Schublade.
DOSB: Was würdest du einem Verein sagen, der den Check „interessant“ findet, aber noch zögert, ihn umzusetzen, oder denkt, er passt nicht zum Verein oder der Sportart?
Ich empfehle jedem Verein, egal ob es der Schach-, der Schwimm- oder der Fußballverein ist, sich mit dem Thema Diversity mittels des Checks auseinanderzusetzen. Gerade wenn man nicht weiß, wo man anfangen soll, ist der Diversity Check so praxisorientiert und einfach. Man kann ihn allein als einzelnes Mitglied im Vorstand machen oder in einer Gruppenaktion. Der Diversity Check ist ein Tool, das ganz pragmatisch verschiedene Themen auf dem Tisch legt. Daher: Fangt einfach mal an, auch wenn es nur die ersten beiden Fragen sind. Jeder wird merken: Es sind teilweise bestimmt auch Inhalte, die in Gesprächen im Verein schon mal angesprochen wurden. Der Diversity Check ist ein sehr praktikables Tool zu mehr Teilhabe.
DOSB: Die Fragen für den Diversity-Check wurden von Kolleginnen aus den verschiedenen Diversity-Bereichen gesammelt und abgestimmt. Schnell waren wir uns einig, wir wollen nicht auf einzelne Vielfaltsdimensionen eingehen, sondern auf die Themen im Sport in Bezug auf unterrepräsentierte Gruppen, auf alle Menschen. Wie waren für dich Abstimmung und Zusammenarbeit?
Ich habe mich in der Zusammenarbeit sehr wohlgefühlt. Besonders und bereichernd war, dass jede in unserer Arbeitsgruppe eigene Expertise in mindestens einer Dimension hatte. Wir haben sehr respektvoll miteinander gearbeitet, auch bei Themen, die nicht so in den eigenen Bereich fallen. Meine Erfahrungen haben Raum bekommen, das war sehr schön. Ich konnte meine Perspektiven als Frau mit Hijab einbringen, ich durfte aber auch von den anderen partizipieren und anderen Themen Raum geben. Das war das Schöne und auch die Herausforderung: Ich habe gespürt, wie sehr wir manchmal in unseren eigenen Dimensionen fokussiert sind, obwohl wir doch alle mitdenken wollen. Es war für mich wirklich eine sehr schöne Erkenntnis zu spüren, woran ich selbst noch gar nicht gedacht habe, weil ich vorrangig mit den Themen meiner Dimension oder Blase beschäftigt bin. Unser gemeinsames Ziel war, alle Dimensionen zu berücksichtigen und alle mitzudenken. Ich glaube, das haben wir ganz gut geschafft.
DOSB: Was wäre für dich ein echter Erfolg in Bezug auf den Check?
Es wäre toll, wenn Vereine und Verbände eine Leidenschaft für dieses Thema entwickeln würden, anstatt nur Aufgaben zu sehen. Diversity soll sich zu einer Aufgabe entwickeln, die mit Leidenschaft angegangen wird und auch Spaß macht. Man kann so viele positive Erlebnisse mit Barrierefreiheit und Teilhabe haben, und diese Momente wünsche ich mir für die Vereine durch den Diversity Check.
DOSB: Und zum Schluss: Wenn du einen Wunsch an den Sport hättest – welcher wäre das?
Von Anfang an war meine Erwartungshaltung, dass wir auch die Verbände mit einbeziehen müssen. Wir können Diversity als Aufgabe nicht nur den Vereinen überlassen. Ich stehe ja voll und ganz hinter den Vereinen und weiß auch um deren alltägliche Herausforderungen. Deshalb wünsche ich mir, dass dieser Diversity Check auch auf anderen Ebenen und in anderen Verbänden ankommt. Er kann dazu anregen, auf sich selbst zu gucken und gutes Vorbild zu sein. Das ist meine Forderung und zugleich mein Wunsch. Es gibt auf der Verbandsebene noch sehr viel Arbeit, die nachzuholen ist, und noch sehr viel Leidenschaft, die mitzubringen ist. Das ist einfach so, das kann man auch so offen ansprechen.
DOSB: Danke, liebe Fatma – für deine klare Haltung und dein Engagement.
Wer jetzt neugierig geworden ist: Den Diversity Check findet ihr hier Diversity-Check.
Lasst uns nicht nur über Vielfalt sprechen – lasst sie uns gestalten.
„Habt Mut zu Konflikten, ihr seid eine unglaubliche Kraft“
Der besondere Geist, der diesen bemerkenswerten Tag prägte - er schien greifbar, als Tahera Ameer ihren eindringlichen Appell an die Versammlung richtete. „Habt bitte Mut! Der Sport ist eine wichtige Größe im Kampf für die Demokratiebewegung, und er ist bereit dafür, das habe ich heute gespürt“, rief die Programmvorständin der Amadeu-Antonio-Stiftung den rund 70 Menschen zu, die am 8. September zum ersten Hearing zum Thema „Antidemokratische Haltungen und Handlungen im Sport“ in die Zentrale des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Frankfurt am Main gekommen waren. Ameer, die mit so viel Verve und Empathie zu diskutieren vermag, ist Mitglied im Menschenrechts-Beirat des DOSB und engagiert sich seit vielen Jahren für die Einhaltung der Menschenrechte und im Kampf gegen extremistische Demokratiefeinde.
Was sie in ihrem Impulsvortrag zu sagen hatte, rüttelte auf und setzte den Ton für das, was in den kommenden Jahren auch auf den organisierten Sport zukommt. „Antidemokratische Netzwerke haben Geld, Einfluss und internationale Verbindungen. Sie sind längst ein Bewegungsapparat, der unsere Demokratie nicht mehr gestalten, sondern sie angreifen will. Wir müssen uns dieser Realität stellen: Es geht nicht mehr darum, dass wir gestaltend tätig sein können. Es geht nur noch darum, die Demokratie in ihren Grundfesten zu verteidigen“, sagte sie. Und weil dieses Bewusstsein sich nach und nach auch in den 102 Mitgliedsorganisationen der Deutschen Sportjugend (dsj) und des DOSB durchsetzt, hatten Michaela Röhrbein, Vorständin für Sportentwicklung, und Benny Folkmann, Vorstandsmitglied der dsj, zu der Zusammenkunft geladen.
„Wir wollten hören, welche Herausforderungen unsere Mitglieder haben, und wir wollten von ihnen lernen, welche Strategien sie schon entwickelt haben und wie wir sie bei deren Bewältigung bestmöglich unterstützen können“, sagte Benny Folkmann. Um diesen Lerneffekt zu ermöglichen, brauchte es ein Dialogforum in Form eines sicheren Raumes. Diesen schufen die Moderatoren des fünfstündigen Forums nicht nur durch ihre stringente Gesprächsleitung, sondern auch dank ihrer standhaften Forderung an das Plenum, sich einzubringen. Nina Reip, in dsj und DOSB seit Anfang dieses Jahres Referentin für Demokratieförderung, und Nico Mikulic, Referent für Jugend- und Sportpolitik bei der Sportjugend Hessen, hatten die Ende Juni entstandene Idee des Hearings in wochenlanger Detailarbeit vorbereitet - und freuten sich sowohl über die zahlenmäßige als auch die qualitative Resonanz und den Mut aller, die sich aktiv beteiligten.
„Diese Mannschaft ist wirklich eine große Familie“
Peter Radegast war müde, als ihn die DOSB-Verbandskommunikation am Montagnachmittag auf dem Mobiltelefon erreichte, und alles andere wäre auch eine Überraschung gewesen. Schließlich galt es für den Sportdirektor des Deutschen Basketball-Bundes (DBB), am Sonntagabend in Riga den EM-Titel zu feiern, den die Männer-Nationalmannschaft gewinnen konnte – erst zum zweiten Mal nach 1993. Nach dem Rückflug nach Frankfurt am Main wurden Team und Staff am Montagmittag in der Zentrale von Hauptsponsor ING begeistert gefeiert, ehe sich Spieler und Verantwortliche auf den Weg in ihre Heimatorte machten. Um den Triumph einzuordnen, nahm sich Radegast (55), der von 2010 bis 2015 zum ersten Mal Sportdirektor war und dieses Amt seit Mai 2024 erneut bekleidet, dennoch Zeit.
DOSB: Peter, die deutschen Basketballer sind amtierender Welt- und Europameister. Wenn du dir diesen Fakt auf der Zunge zergehen lässt, welche Emotionen löst er in dir aus?
Peter Radegast: Man will sich dauerhaft kneifen, weil man es einfach nicht glauben kann. Dass wir nach dem WM-Triumph von 2023 nun auch den EM-Titel geholt haben, ist verrückt und unwirklich. Und wenn ich ehrlich bin, dann muss ich zugeben, dass es wohl niemanden im DBB gegeben hat, der sich das vor ein paar Jahren ernsthaft hätte vorstellen können.
Wie habt ihr den Triumph gefeiert?
Die Kabinenparty zog sich so lange hin, dass wir, nachdem die Pflichten in der Medienarbeit erledigt waren, erst gegen 2.00 Uhr in einem Hotel in der Altstadt von Riga waren. Dort haben wir in geschlossener Gesellschaft mit rund 100 Menschen gefeiert. Uns war wichtig, dass die gesamten Familien der Spieler, die anwesend waren, dabei sein konnten. Geschlafen haben die wenigsten, ich war um 5.30 Uhr im Hotel, habe aber nur etwas geruht, weil um 7.15 Uhr bereits das Gepäck abgeholt wurde. In Frankfurt war dann von ING alles so perfekt organisiert wie vor zwei Jahren nach dem WM-Sieg. Am Montagnachmittag haben wir uns voneinander verabschiedet. Die meisten Spieler müssen direkt zurück zu ihren Vereinen. Aus Riga in die Liga, das ist das Motto. Ein wirklich straffes Programm, aber die Jungs kennen es ja nicht anders.
Wie realistisch schien es dir vor Turnierstart, dass diese Mannschaft EM-Gold gewinnen würde?
Unser Kapitän Dennis Schröder hatte ja vorher gesagt, dass wir nicht zur EM fahren, um nur anzutreten, sondern um Gold zu holen. Aber dann gab es in der Vorbereitung doch die eine oder andere holprige Phase mit einigen verletzten und kranken Spielern und nicht zuletzt der schweren Erkrankung unseres Cheftrainers Alex Mumbrú. Deshalb habe ich zwar nicht den Glauben an das Team verloren, aber mir war schon klar, dass das nicht ganz einfach werden würde.
Holprige Phase ist eine charmante Umschreibung dafür, dass einem Team kurz vor dem Saisonhöhepunkt der Cheftrainer wegbricht. Wie schlimm stand es wirklich um Alex Mumbrú?
Er war richtig krank. Er hat ja selbst verraten, dass es sich um eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse infolge von Gallensteinen gehandelt hat. Die Schmerzen müssen furchtbar gewesen sein, im Krankenhaus in Tampere (Vorrundenspielort, d. Red.) hat er starke Schmerzmittel bekommen, um Ruhe zu finden. Zum Glück wurden nach einigen Tagen die Entzündungswerte besser, aber er hätte eigentlich weiterhin komplett ins Bett gehört. Er wollte aber das Team nicht im Stich lassen, wollte sogar zurück auf die Bank, das hat ihm aber unsere medizinische Abteilung nachdrücklich untersagt. Im Achtelfinale gegen Portugal hat er es versucht, aber gespürt, dass ihm die Energie fehlt. Dass er das eingestanden und zum Wohle des Teams und für das Erreichen der Ziele in die zweite Reihe zurückgetreten ist, ist eine Entscheidung gewesen, die ihm sehr schwergefallen ist, aber für die er höchsten Respekt verdient.
Dann kam die denkwürdige Pressekonferenz, in der sich die Mannschaft komplett hinter ihren Coach stellte, auch um Falschmeldungen in den Medien entgegenzutreten. Wie hast du das erlebt?
Ich war überwältigt von der Reaktion des Teams, die komplett von den Spielern kam, nachdem in spanischen Medien gemutmaßt wurde, Alex sei nicht mehr Cheftrainer. Sie wollten ein Zeichen setzen, dass sie zusammenstehen und der Coach selbstverständlich weiter der Chef ist, auch wenn er zunächst nicht auf der Bank dabei sein konnte. Als Maodo Lo dann das Wort ergriffen hat, war zu spüren, wie unglaublich dieser Zusammenhalt ist. So etwas kann nur authentisch funktionieren, wenn das Team wie eine große Familie ist. Alle haben auf Topniveau zusammengearbeitet, ich möchte deshalb auch niemanden herausheben, sondern ziehe vor allen meinen Hut.
Selbstwert ist mehr als Gold, Silber, Bronze
Wäre alles so gekommen, wie sie es zu Jahresbeginn geplant hatte, dann würde Tabea Schendekehl dieser Tage wahrscheinlich entspannt auf das neue Semester warten. Sport und Englisch auf Lehramt studiert die 26-Jährige in Berlin, was sich fast zwangsläufig ergibt, wenn man weiß, dass sie seit dem zwölften Lebensjahr Rudern als Leistungssport betreibt und in Seattle (USA) einen Bachelor in Kunst abgeschlossen hat. Aber Tabea Schendekehl weiß besser als viele andere Athlet*innen, dass im Leben oftmals vieles anders kommt, als man denkt und plant. Und deshalb ist sie vollkommen fein damit, seit Montagmorgen in Shanghai mit dem Team des Deutschen Ruder-Verbands (DRV) die letzten Vorbereitungen auf die WM zu treffen, die an diesem Sonntag beginnt und bis zum 28. September dauert. „Ich freue mich sehr darüber, wieder Teil der Mannschaft sein zu können“, sagt sie, „und ich fühle mich absolut bereit für den Saisonhöhepunkt!“
Dass sie diese Sätze sagen würde, schien im Herbst des vergangenen Jahres kaum denkbar. Bei den Olympischen Spielen in Paris hatte die Athletin vom RC Hansa aus Dortmund mit Pia Greiten (28/Osnabrücker RV), Leonie Menzel (26/RC Germania Düsseldorf) und Maren Völz (25/RC Potsdam) Bronze im Doppelvierer gewonnen und damit für einen der wenigen Lichtblicke aus Sicht des in den vergangenen Jahren krisengeplagten DRV gesorgt. „Das war ein herausragendes Erlebnis. Danach habe ich aber gespürt, wie hart der Weg bis Paris gewesen ist, und wusste, dass ich dringend eine Pause brauche, um mich physisch und mental zu erholen, wenn ich mein Ziel, 2028 in Los Angeles noch einmal um Olympiamedaillen zu kämpfen, erreichen möchte“, sagt sie.
2021 erhielt sie die Diagnose Angststörung und Depression
Das Bewusstsein dafür, was Kopf und Körper gut tut, rührt aus einem Erlebnis vor vier Jahren her, das Tabea Schendekehl als „Wendepunkt“ beschreibt. Im Frühjahr 2021 hatte sie mit dem deutschen Achter die Nachqualifikation für die wegen Corona um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele in Tokio verpasst - eine schwere Enttäuschung nach vielen Monaten harter Trainingsarbeit. Dazu hatte sie mit ihrem Team von der University of Washington die gesamte Saison durchgezogen. „Ich habe mich da regelrecht durchgeschleppt“, sagt sie rückblickend. Die Folge: Die Freude am Rudern ging verloren, die gebürtige Lünerin rutschte in ein Burn-out, aus dem sich Panikattacken entwickelten, gepaart mit Antriebs- und Freudlosigkeit. „Beim obligatorischen Gesundheitstest, den man in den USA am College absolvieren muss, fing ich auf die Frage, wie es mir geht, zu weinen an. Da hat mich der Arzt gefragt, ob ich bereit wäre, mich in psychologische Behandlung zu begeben.“
Die psychologische Diagnose - generalisierte Angststörung und leichte Depression - erschien ihr wie eine Befreiung. Eine Gesprächstherapie, kombiniert mit der Einnahme eines Antidepressivums, das den Haushalt des Neurotransmitters Serotonin steuert, half ihr durch die dunkle Phase. „Ich habe über mehrere Monate Pause vom Rudern gemacht, bin viel gewandert und Rad gefahren, was dem Körper guttat. Meine wichtigste Erkenntnis aber war, dass ich mir diese Pausen gönnen darf. Ich dachte früher, dass ich kein vollwertiger Mensch wäre, wenn ich zwei Tage nicht trainiere. Ich habe in jedem Training Bestleistung von mir erwartet und konnte mich dann nicht einmal darüber freuen, wenn sie mir gelungen war“, sagt sie. Nun habe sie verstanden, dass ihr Leben mehr ist als der Leistungssport, über den sie sich lange definiert hat, und wie wichtig es ist, Körper und Kopf Pausen zu gönnen.
2020 gewann sie als Schlagfrau mit dem Achter EM-Silber
Es war dieses Gefühl, das sie nach Paris dazu bewegte, in der nacholympischen Saison kürzer zu treten. „Das habe ich auch durchgezogen, ich habe weniger trainiert und nur punktuell Wettkämpfe bestritten“, sagt sie. Dann kam im April die Anfrage der neuen sportlichen Leitung des DRV, bestehend aus Chefbundestrainer Marcus Schwarzrock und Robert Sens als Vorstand Leistungssport, ob sie sich vorstellen könne, den neuformierten Achter zu unterstützen. Und das konnte sie. Bei der EM 2020 in Polen war Tabea Schlagfrau des Achters, der die Silbermedaille holte, und deshalb mit dem Riemenrudern vertraut. Und weil aus der Bronze-Besatzung des Doppelvierers lediglich Pia Greiten übrig geblieben ist, fiel ihr auch der Wechsel des Umfelds leichter. „Ich hatte mich ja bewusst für eine Pause entschieden, deswegen war der Teamwechsel kein großes Problem, obwohl bei so etwas immer ein lachendes und ein weinendes Auge im Spiel sind“, sagt sie.
Der erneute Wechsel vom Skullen, bei dem die Athlet*innen zwei Ruder führen, zum Riemen, wo ein Ruder mit beiden Händen bewegt wird, brachte keine Probleme. Geholfen habe ihr vor allem, im neuen Team mit offenen Armen empfangen worden zu sein, „obwohl ich erst so spät dazugestoßen bin und einer anderen Athletin den Platz weggenommen habe. Aber ich spüre, dass hier alle ein gemeinsames Ziel verfolgen und als Team zusammenhalten, und das tut sehr gut“, sagt sie. Zudem habe ihr Alexander Schmidt, Chefcoach für den Frauen-Riemenbereich am Berliner Bundesstützpunkt, das Gefühl gegeben, auf sie zu bauen.
Diese Verbesserungen für Sportvereine und Ehrenamtliche sollen 2026 kommen
Das Steueränderungsgesetz 2025 enthält spannende und wichtige Neuerungen für alle Sportvereine in Deutschland.
Das Steuer-was? Genau. Noch nie gehört und wenn doch, dann wahrscheinlich nicht so richtig verstanden. Dabei ist für Vereine wichtig, was dort drin steht. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hilft deshalb bei der Übersetzung.
Die Bundesregierung hat am 10. September den Entwurf des Steueränderungsgesetzes 2025 beschlossen. Aus Sicht der Sportvereine sind vor allem die Änderungen zum Gemeinnützigkeitsrecht wichtig und gut. Ziel der Änderungen ist es, das Ehrenamt zu stärken und attraktiver zu machen. Davon profitiert auch der Sport mit seinen acht Millionen Engagierten. Denn fast jeder Sportverein ist auf der Suche nach mehr freiwilligen Helfer*innen und Ehrenamtlichen.
Ab dem 1. Januar 2026 sollen folgende neue Regelungen gelten:
Sport und Klimawandel: DOSB startet Projekt zu Anpassungsstrategien
Steigende Temperaturen und längere Hitzeperioden bringen Trainings- und Wettkampfbetrieb immer öfter an ihre Grenzen. Heftige Unwetter können Sportanlagen beschädigen oder ganze Veranstaltungen zum Abbruch zwingen. Gleichzeitig erhöht die wachsende UV-Belastung das Risiko gesundheitlicher Schäden und Infektionsrisiken nehmen zu. Hinzu kommen psychische Belastungen durch Stress, Ängste, und Überforderung.
Doch was kann der organisierte Sport leisten, um sich langfristig anzupassen? Mit dem Projekt „Klima wandelt Sport: Anpassungsstrategien für Sportler*innen, Sportverbände- und vereine“ möchte der DOSB gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen erste Antworten auf diese Frage finden.
Fünf Gründe, jetzt Leichtathletik zu entdecken
Leichtathletik ist eine der vielseitigsten und traditionsreichsten Sportarten der Welt. Mit knapp 800.000 Mitgliedern in rund 7.700 Vereinen ist der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) der mitgliederstärkste Leichtathletik-Verband weltweit - und zugleich der sechstgrößte Fachverband im DOSB. Ob Laufen, Springen oder Werfen: Leichtathletik verbindet Grundbewegungen, die jede*r beherrscht, und bietet damit einen unkomplizierten Einstieg für jedes Alter und jedes Leistungsniveau.
Fünf gute Gründe, warum auch ihr mit Leichtathletik starten solltet:
1. Ganzheitliches Training der Fitness
Kaum eine andere Sportart deckt ein so breites Spektrum ab: In der Leichtathletik werden Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination gleichermaßen trainiert. Das Zusammenspiel dieser Fähigkeiten verbessert die gesamte körperliche Leistungsfähigkeit: von kurzen Sprints über Sprünge bis hin zu langen Läufen. Wer regelmäßig trainiert, stärkt nicht nur seine Kondition, sondern auch Herz-Kreislauf-System, Muskulatur und Gelenke.
2. Förderung motorischer Fähigkeiten
Die Disziplinen der Leichtathletik sind eng mit den grundlegenden menschlichen Bewegungen verknüpft: Laufen, Springen, Werfen. Wer diese Bewegungen trainiert, entwickelt eine besonders vielseitige Motorik. Gerade für Kinder und Jugendliche ist Leichtathletik eine ideale Grundlage, um Körpergefühl, Koordination und Bewegungsabläufe zu schulen – Fähigkeiten, die auch im Alltag und in anderen Sportarten unverzichtbar sind.
Ein letztes Mal ihren geliebten Sport genießen
Die Gedanken an das, was kommen kann, versucht sie so gut wie möglich zu verdrängen. Nicht, weil Lisa Mayer ein Mensch ist, der nicht an morgen denkt oder naiv an Dinge herangeht. Sondern weil sie aus der Erfahrung aus gut einem Jahrzehnt im Hochleistungssport weiß, dass es oft anders kommt, als man gedacht hätte. Und so steht für die 29 Jahre alte Topathletin vom Sprintteam Wetzlar von diesem Samstag an, wenn in Tokio die Leichtathletik-WM startet, nur eins im Vordergrund: „Ich möchte unbedingt noch einmal optimal performen und gute Rennen auf die Bahn bringen!“ Ein letztes Mal alles herausholen aus dem geschundenen Körper, ehe sie dann nach den Welttitelkämpfen in Japans Hauptstadt ihre aktive Karriere beendet.
Die Entscheidung für diesen Schritt hat Lisa Mayer vor den deutschen Meisterschaften Ende Juli getroffen. Nachdem sie ihr enges Umfeld eingeweiht hatte, machte sie ihn Ende August publik - und war überwältigt von der Resonanz, die sie darauf erhielt. Umso schwieriger ist es, angesichts der vielfältigen Reaktionen den Fokus auf das zu richten, was nun ein letztes Mal der Mittelpunkt ihres Lebens ist. Wenn alles optimal läuft, dann kommt zu ihrem Einzelstart über die 100 Meter, der am Auftaktwochenende ansteht, auch ein Einsatz in der 4x100-Meter-Staffel dazu, der für das Schlusswochenende (20./21.9.) angesetzt ist. „Der Einzelstart war mein größtes Saisonziel, deshalb bin ich schon jetzt sehr glücklich, dass ich das geschafft habe. Aber mit der Staffel habe ich meine größten Erfolge gefeiert, insofern wäre es ein perfektes Happy End, wenn ich noch ein letztes Mal mit dem Team um eine Medaille kämpfen könnte“, sagt sie.
Olympia-Bronze mit der Staffel in Paris überstrahlt alles
Ohne Frage: Die Bronzemedaille, die Lisa Mayer 2024 mit der Staffel bei den Olympischen Spielen in Paris gewann, überstrahlt sogar das 2022 bei den European Championships in München gewonnene EM-Gold. „Das waren herausragende Momente, die mir für immer bleiben werden“, sagt sie, „ich bin sehr dankbar dafür, dass ich das erleben konnte.“ Momente, die sie als Belohnung für all die Mühen betrachtet, die ihr insbesondere ihr verletzungsanfälliger Körper bereitet hat. Auch in dieser Saison lief einiges anders als erhofft, Probleme mit der Muskulatur im Rücken und im Gesäß, die auch in die Beine ausstrahlten, zermürbten sie einmal mehr.
Umso glücklicher ist Lisa Mayer, die seit einer Woche mit dem 80 Teilnehmenden umfassenden deutschen Team im Vorbereitungscamp in Miyazaki auf der Insel Kyushu trainiert, dass sie ihr Karriereende nicht als physisch erzwungen empfinden muss. „Ich wollte diese Entscheidung immer selbstbestimmt treffen und nicht, weil es körperlich nicht mehr geht“, sagt sie, „ich fühle mich seit ein paar Wochen wieder topfit, spüre aber auch, wie sehr ich mit meiner Entscheidung, mich nun neuen Dingen zuzuwenden, im Reinen bin. Es fühlt sich absolut richtig an, und deshalb kann ich mit nichts als Vorfreude in meine letzte WM starten“, sagt sie.
Einfach nur mitlaufen, das wäre der gebürtigen Gießenerin, die im Frankfurter Stadtteil Niederrad wohnt, aber deutlich zu wenig. „Mein Anspruch ist, das Halbfinale zu erreichen. Ich weiß, dass ich dafür in die Nähe meiner Bestzeit von 11,10 Sekunden laufen muss. Aber ich glaube, dass ich das draufhabe. Der Kopf wird entscheidend sein“, sagt sie. Ein starker Auftritt im Einzel dürfte ihr zudem die Eintrittskarte zum Staffelwettkampf sichern. Die interne Konkurrenz ist mit Gina Lückenkemper (28/SCC Berlin), Sina Mayer (30/LAZ Zweibrücken), die das deutsche Sprint-Trio im 100-Meter-Einzelrennen komplettieren, Sophia Junk (26/LG Rhein-Wied), Rebekka Haase (32/Sprintteam Wetzlar) und Jolina Ernst (21/TV Wattenscheid) immens. „Wir sind alle auf Augenhöhe, das macht die Stärke unseres Teams aus. Aber selbst wenn ich nur als Ersatzläuferin dabei wäre, würde ich mich natürlich zu 100 Prozent einbringen, um eine WM-Medaille zu holen!“
„Ganz ohne Kanupolo kann ich noch nicht leben“
Sie wird weinen, ganz bestimmt. Aber mehr als die Tränen, die fließen werden, sieht Leonie Wagner nicht, wenn sie an das kommende Wochenende denkt. „Ich versuche, mir nicht zu viel auszumalen. Es kommt, wie es kommt, und so werde ich es annehmen“, sagt die 28-Jährige mit Blick auf den emotionalen Höhepunkt, der auf sie wartet. Bei der EM im Kanupolo, zu der sich von diesem Donnerstag bis Sonntag in Avranches in der französischen Region Normandie die besten Frauen-, Männer- und U-21-Teams des Kontinents treffen, erlebt Leonie Wagner ihr letztes internationales Turnier. Und sie verhehlt nicht, dass dieser Abschied ein Einschnitt sein wird, der nachhallt. „Ein großer Teil meines Selbstbewusstseins kommt über den Sport. Die Gedanken, dass es vielleicht nie mehr etwas geben wird, das solche Emotionen auslöst, sind normal. Die Unsicherheit, wer ich ohne meinen Sport noch bin, kommt schon manchmal auf. Trotzdem fühlt sich die Entscheidung richtig an“, sagt sie.
Wer denkt, dass auch im Kanupolo 28 noch kein Alter ist, in dem der Abschied vom Leistungssport zwingend erscheint, liegt richtig. Für Leonie Wagner jedoch ist er alternativlos, was daran liegt, dass sie dem internationalen Kanupolo erhalten bleiben will. Seit Mai 2024 ist die gebürtige Bayerin in Personalunion als Cheftrainerin für die vier deutschen Kanupolo-Nationalteams verantwortlich. Es ist die einzige bezahlte Vollzeitstelle, die im Deutschen Kanu-Verband (DKV) für den Nischensport Kanupolo existiert, entsprechend zeitintensiv ist sie angelegt. „Dass ich das Ganze mehr als ein Jahr in Doppelfunktion ausüben durfte, war ein Zugeständnis, das ich dem DKV abringen konnte. Aber jetzt merke ich, dass ich langsam an Grenzen stoße, deshalb ist es an der Zeit, mich auf das Amt als Cheftrainerin zu konzentrieren“, sagt sie.
Mitte August gewann sie in China World-Games-Gold
Ihr Wunsch war gewesen, noch einmal die World Games als Spielerin zu erleben. Die Weltspiele der nicht-olympischen Sportarten sind der sportliche Höhepunkt für die Polo-Kanut*innen, und weil Mitte August in Chengdu (China) die beiden deutschen Teams die Goldmedaille gewinnen konnten, ist Leonie Wagner umso dankbarer dafür, den Rücktritt hinausgezögert zu haben. „Nachdem klar war, dass in diesem Sommer für mich als Spielerin Schluss ist, habe ich angefangen, alles umso bewusster zu erleben. In Chengdu habe ich jeden Moment in mich aufgesaugt und genießen können. Es war eine wundervolle Zeit, und ich bin sicher, dass das bei der EM ähnlich intensiv sein wird“, sagt sie.
Zwar seien die beiden Turniere kaum miteinander zu vergleichen, weil die nur alle vier Jahre stattfindenden World Games sportlich und emotional hochwertiger eingestuft werden als das Kontinentalturnier, das im Zweijahresturnus ausgetragen wird. „Aber wir sind Titelverteidiger und wollen unseren Status untermauern“, sagt Leonie. Sorge, dass das World-Games-Gold Kratzer bekommen könnte, sollte die Titelverteidigung bei der EM misslingen, hat sie nicht. „Man muss die beiden Turniere losgelöst voneinander betrachten. Wir wollten nach Rang fünf bei der WM 2024 unbedingt in Chengdu der Welt beweisen, was wir wirklich können. Das haben wir richtig krass durchgezogen, aber nun geht es bei der EM wieder von vorn los. Damit muss man auch mental umgehen können.“
3. Deutscher Sportstättentag zur Förderung moderner Sportstätten
Die Veranstaltung findet am 29. Oktober 2025 in Köln im Rahmen der FSB-Messe 2025 statt und wird gemeinsam von IAKS Deutschland, DOSB, Deutscher Städtetag, Deutscher Städte- und Gemeindebund und dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft organisiert und durchgeführt. Mit der dritten Auflage soll die gesellschaftliche Bedeutung von Sportstätten und -räumen und deren Wirkungen auf den Menschen stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt und ein Forum für fachlichen Austausch geschaffen werden.